Arbeitsrecht

Muss ich in der Ausbildung Überstunden machen?

Das Projekt muss fertig werden, der Kunde wartet: Überstunden sind im Arbeitsalltag keine Seltenheit. Aber müssen dann auch Azubis ran?

Viel Eigenverantwortung tragen und ein geschätztes Mitglied im Team sein: Azubis freuen sich, wenn sie ernst genommen werden. Aber heißt das für dich während der Ausbildung dann auch, dass du länger bleiben musst, wenn Überstunden anfallen?

„Normalerweise sind Überstunden nicht erlaubt“, sagt Jürgen Markowski. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied im geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Im Ausbildungsvertrag sind seinen Angaben zufolge die Ausbildungsdauer sowie die tägliche und wöchentliche Ausbildungszeit vereinbart. „Und die sind so angelegt, dass sie zur Vermittlung der Lerninhalte ausreichen“, betont der Experte. „Dann gehen Überstunden eigentlich gar nicht.“

Der springende Punkt: Ein Ausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis. „Die Ausbildung muss im Vordergrund stehen“, macht Markowski deutlich. Als Azubi bist du folglich grundsätzlich nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten.

Mehrarbeit nur für Ausbildungszweck zulässig
Es kann aber Ausnahmen geben. Zum Beispiel, wenn Regelungen in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag auch mal Überstunden zulassen. „Dann können auch im Ausbildungsverhältnis Arbeitsstunden vorkommen, die über die reguläre Arbeitszeit hinausgehen.“

Entscheidend ist Markowski zufolge aber, dass diese Stunden dem Ausbildungszweck dienen. „Und deswegen muss gleichzeitig jemand da sein, der die Ausbildung verantwortet.“ Heißt: Der Ausbilder muss die längere Ausbildungszeit begleiten und überwachen. Auszubildende beispielsweise an einer Maschine einzusetzen und Überstunden machen zu lassen, damit ein Auftrag fertig werde, gehe also nicht.

Verlangt der Betrieb genau dies dennoch ohne Grundlage in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag, können Auszubildende
ablehnen. Rein rechtlich darf dann keine Abmahnung oder Kündigung drohen. Aber selbstverständlich sei es an dieser Stelle immer ein bisschen schwierig für die jungen Menschen, dem Chef zu sagen: „Ich mach das nicht“, schränkt Markowski ein. Hier sei es wichtig, dass
Betriebsräte beziehungsweise die Jugend- und Auszubildendenvertretung – sofern es sie im Unternehmen gibt – darauf achten, dass die Regularien eingehalten werden.

Freizeitausgleich für Überstunden
Kommt es doch dazu, dass mal mehr gearbeitet werden muss, dann sind die Überstunden laut Markowski zu vergüten. Auch ein Freizeitausgleich ist demnach möglich. So sieht es das Gesetz vor. „Zuschläge gibt es nur, wenn die geltenden Tarifverträge das vorsehen“, sagt der Fachanwalt. Und in jedem Fall gilt: „Auch bei Überstunden muss die gesetzliche Höchstarbeitszeit beachtet werden.“

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